Ostersonntag, 4.4.2021

(Predigt zu Ex 14 und 15)

‚Der Himmel lacht‘ BWV 31


Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden

Mit diesem Ostergruß begrüße ich Sie von ganzem Herzen an diesem Ostersonntag.

Ein ganzes Jahr Corona-Pandemie liegt hinter uns, ein zweites Mal Karfreitag und viel Innehalten. Still waren wir angesichts all der Toten, die an den Folgen des Virus und an anderen Formen der Gewalt starben.

Doch heute feiern wir. Feiern, was uns Jesus Christus im Bibelvers für diese Woche verspricht

„Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit
und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.“ (Offb 1,18)

Halleluja.

Lied 116 Er ist erstanden, Halleluja

Gebete

Ostern – Auferstehung Jesu von den Toten.
Obwohl wir es glauben wollen,
obwohl wir es im Glaubensbekenntnis
immer wieder aussprechen,

haben wir immer wieder auch leise Zweifel:
War das wirklich so – ist das denn zu glauben?

Gott, wir bitten Dich,
verwandle unsere Ängste in Hoffnung
und unsere Zweifel in Sehnsucht und Vertrauen
und lass Ostern bei uns werden.

Jesus Christus, der von den Toten auferstanden ist,
sagt uns zu: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben.“ (Joh 14,19)

Barmherziger, Gott,
im Dunkel unserer Ängste und Sorgen
hast Du ein Licht entzündet.
Und es wird hell und warm.
Wir feiern die Auferstehung Jesu Christi
von den Toten,
Mit allem, was wir sind,
jubeln und loben und preisen wir Dich,
denn Du hast
die Macht des Todes zerbrochen.

Lied 99 Christ ist erstanden

Predigt

Liebe Gemeinde,

viele unserer Gebete seit dem letzten Jahr sind in Erfüllung gegangen: Es sind tatsächlich mehrere Impfstoffe gefunden worden. Die älteren von Ihnen werden ein- oder vielleicht sogar schon zweimal geimpft worden sein und Sie können aufatmen. Sie haben einen besonderen Grund zum Jubeln.

Doch anders als erhofft dämpfen nicht nur Regen bzw. Schnee hier bei uns die Festfreude: die Krise ist keineswegs überwunden, denn wir befinden uns mitten in der 3. großen Pandemiewelle.

Und wir feiern trotzdem. Oder gerade besonders intensiv Ostern: Denn es wird nicht beim Sterben und beim Tod bleiben. Gott schenkt Befreiung vom Tod, Gott schenkt Leben.

In Anlehnung an das letzte jüdischen Pessachfest Jesu feiern wir Ostern.

Und in diesem Jahr 2021 liegt unser Ostersonntag genau auf dem letzten Tag dieses hohen jüdischen Festes. Neben symbolischen Speisen und sehr gutem Essen, prosten sich die Menschen mit einem fröhlichen ‚Le Chaim‘ zu. „Auf das Leben“! Sie erinnern sich bei diesem Fest an die Befreiung aus der Sklaverei und an die wunderbare Errettung am Schilfmeer.

Seit zig hundert Jahren feiern Jüdinnen und Juden dieses Fest. Und zwar unter ganz unterschiedlichen Bedingungen. Besetzt von Großmächten, bedroht von Pogromen, von der Pest, von Antijudaismus und Antisemitismus, bedroht von Übergriffen und Attentaten – sie feiern. Und wir mit ihnen, eingeladen durch Jesus von Nazareth, der Zeit seines Lebens Jude war und der selbst so viel Befreiung bewirkt hat.

Lassen wir uns erinnern an dieses Wunder vor langer Zeit. Ich lese uns aus dem 2. Buch Mose
aus dem 14. und 15. Kapitel, der für diesen Ostersonntag heute auch in unserer Gottesdienstordnung vorgesehen ist. (Ex 14,8-14.19-23.28-30a; 15,20-21)

8 Und der Herr verstockte das Herz des Pharao, des Königs von Ägypten, dass er den Israeliten nachjagte.

Aber die Israeliten waren mit erhobener Hand ausgezogen. 9 Und die Ägypter jagten ihnen nach, alle Rosse und Wagen des Pharao und seine Reiter und das ganze Heer des Pharao, und holten sie ein, als sie am Meer bei Pi-Hahirot vor Baal-Zefon lagerten.

10 Und als der Pharao nahe herankam, hoben die Israeliten ihre Augen auf, und siehe, die Ägypter zogen hinter ihnen her. Und sie fürchteten sich sehr und schrien zu dem Herrn 11 und sprachen zu Mose: Waren nicht Gräber in Ägypten, dass du uns wegführen musstest, damit wir in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, dass du uns aus Ägypten geführt hast? 12 Haben wir’s dir nicht schon in Ägypten gesagt: Lass uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen? Es wäre besser für uns, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben.

13 Da sprach Mose zum Volk: Fürchtet euch nicht, steht fest und seht zu, was für ein Heil der Herr heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute seht, werdet ihr sie niemals wiedersehen. 14 Der Herr wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.

19 Da erhob sich der Engel Gottes, der vor dem Heer Israels herzog, und stellte sich hinter sie.

Und die Wolkensäule vor ihnen erhob sich und trat hinter sie 20 und kam zwischen das Heer der Ägypter und das Heer Israels. Und dort war die Wolke finster und
hier erleuchtete sie die Nacht, und so kamen die Heere die ganze Nacht einander nicht näher. 21 Als nun Mose seine Hand über das Meer reckte, ließ es der Herr zurückweichen durch einen starken Ostwind die ganze Nacht und machte das Meer trocken, und die Wasser teilten sich. 22 Und die Israeliten gingen hinein mitten ins Meer auf dem Trockenen, und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken.

23 Und die Ägypter folgten und zogen hinein ihnen nach, alle Rosse des Pharao, seine Wagen und Reiter, mitten ins Meer.

28 Und das Wasser kam wieder und bedeckte Wagen und Reiter, das ganze Heer des Pharao, das ihnen nachgefolgt war ins Meer, sodass nicht einer von ihnen übrig blieb. 29 Aber die Israeliten gingen trocken mitten durchs Meer, und das Wasser war ihnen eine Mauer zur Rechten und zur Linken.

30 So errettete der Herr an jenem Tage Israel aus der Ägypter Hand.

15

20 Da nahm Mirjam, die Prophetin, Aarons Schwester, eine Pauke in ihre Hand, und alle Frauen folgten ihr nach mit Pauken im Reigen. 21Und Mirjam sang ihnen vor: Lasst uns dem Herrn singen, denn er ist hoch erhaben; Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt.

Was für ein Wunder. Viele Jahre bin ich mit dem Herz hängen geblieben an Ägyptern, die da im Meer ertranken. Von denen es in den jüdischen Legenden heißt, dass auch sie Gottes Kinder waren und Gott bittere Tränen um sie vergoss. Heute kann ich eher verstehen, was es bedeutet, wenn schlecht behandelte Menschen dem militärischen Aufgebot einer großen Staatsmacht entkommen konnten. Was für eine Befreiung! Was für ein Wunder. Halleluja.

Das denke ich bei allen anderen auch, die heute noch flüchten wie die Israeliten damals: Gerettet – die jungen Männer und Frauen und Kinder, die kaum mehr als ihr nacktes Leben auf dem Weg durchs Meer gerettet haben. Für sie hat diese Bibelgeschichte eine ganz besondere, lebensgeschichtliche Bedeutung, die die Christen unter ihnen genau auf diese Befreiungsgeschichte beziehen. Voller Glauben und Ehrfurcht vor Gott. Und voller Liebe zu diesem Gott.

Solche Erfahrungen haben Menschen auch mit Jesus zu seinen bzw. ihren Lebzeiten gemacht. Blinde und Lahme, die geheilt wurden, Rettung aus Todesangst im Sturm, Rettung vor Hunger, aus Krankheit, aus Notlagen. Exodus-Erfahrungen. Durch Jesus sind sie Gott in einer Weise begegnet, seiner Zuwendung und Liebe, die größer war als alles, was sie kannten.

Ihr Leben hat sich kolossal verändert. Nichts war mehr wie früher. Sie waren gerettet.

So wie die Geflüchteten bei uns.

Aber es sind gewiss nicht nur die anderen, die solchen Exodus bis heute erleben. Es sind, sowie wir aus den Kinderschuhen herauswachsen, immer wieder Erlebnisse, die wir als Herausforderung und Krise erlebt haben – und im Nachhinein ab und an wirklich als Befreiung sehen können.

Ich denke an die Menschen, mit denen ich in den letzten Wochen gesprochen habe. An den Witwer, der seine Frau so liebevoll versorgt und begleitet hat bis zu ihrem Tod. Wie amputiert fühle er sich, hatte er mir nach ihrem Tod erzählt. Und in Gedanken hatte ich mich auf ein sehr trauriges Gespräch eingestellt. Aber, er nahm sofort ab, hatte sein Hörgerät gut eingestellt, und nach einigen Sätzen, als ich ihn fragte, wie er denn zurechtkäme, erzählte er, dass es ihm gut gehe. Er habe eine neue Lebensgefährtin gefunden.

Exodus – Befreiungserfahrung. Manchmal sind es scheinbar kleine Momente: Erinnern Sie sich noch, wie viel Angst Sie als Kind manchmal hatten, wenn Sie die Strafe Ihrer Eltern befürchteten und dann wider Erwarten alles nicht so schlimm kam? Wie erleichtert und befreit Sie dann waren? Erinnern Sie sich an Ihren ersten Liebeskummer, als Sie dachten, die Welt ginge nun unter und Sie würden nie mehr geliebt?

Wenn wir älter werden, gibt es noch ganz andere Krisen, schwere, existentielle. Gerade auch jetzt. Krisen, die durch Krankheiten, durch Todesfälle oder auch durch Trennungen ausgelöst werden. Ich denke an meine Friseurin. Sie erzählte von ihrer kleinen Familie, von dem gemeinsamen Kind, von der Trennung später und ihrer Entscheidung, um des Sohnes willen hierzubleiben, damit er den Papa nicht vermissen müsse. Und just als sie wieder Fuß gefasst und im März vorigen Jahres entschieden hatte, sich selbständig zu machen, kam der Lockdown. Bitter und schwer. „Da bin ich fast jeden Tag in die Kirche gegangen und habe gebetet. Ich war ganz tief unten. Jetzt ist es auch noch schwer, aber ich sehe Land, kann wieder frei atmen und habe wieder Vertrauen“.

Auferstehungserfahrungen.

Davon erzählen Menschen, die etwa eine Krebserkrankung überstanden haben bzw. so in Schach halten können, dass sie gern leben. Davon erzählen ältere Menschen. Sie erzählen von großer Not in Kriegstagen, von Flucht, von Gewalt und Ausgrenzung. Und davon, was ihr Herz wieder geöffnet hat, sie wieder hat weich und liebevoll werden lassen.

Für mich bedeutet Ostern: liebevolle Zuwendung. Auf unterschiedlichen Ebenen.

Ostern heißt,
da gehen trauernde Frauen zum Grab Jesu, um seinen Körper zu salben und noch einmal zu berühren.
Liebevolle Zuwendung Gottes ist es, wenn Gott die Not seiner Kinder sieht und sie auf wundervolle Weise befreit.
Liebevolle Zuwendung im Namen Gottes ist es, wenn Jesus Menschen befreit, heilt und aufrichtet.
Und diese Liebe verändert. Verändert so, dass das, was Jesus ausgemacht hat, weiterlebt.
Auch ohne, dass er physisch anwesend sein muss.

Er lebt. Gottes geliebter Sohn lebt.

Diese Liebe feiern wir an Ostern.

Sie schickt uns liebevoll und zärtlich Licht in unsere finstersten Stunden und lockt uns heraus ins Leben.

Ganz sachte, aber beharrlich.

Und ist da.

Und sagt uns zu:

Siehe, ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende.

Amen

Lied „Wie ein Fest nach langer Trauer, 1-3

Fürbitten
Barmherziger Gott,

für all das Gute, das wir in den vergangenen Tagen erlebt haben,
danken wir Dir sehr.

Und wir bitten‚ Dich inständig darum, dass Menschen, um die wir uns sorgen,
ebenfalls Grund finden werden, Dir zu danken.

Wir denken an die Menschen, die auf den Intensivstationen der Krankenhäuser liegen,
an sie, an ihre Angehörigen und alle, die sie versorgen.

Wir denken an die Menschen in Myanmar, die nach wie vor für gewaltfreie Zukunft protestieren,

Wir denken an Menschen, die sich gerade jetzt flüchten müssen, weil ihr Leben bedroht ist.

Und wir bitten Dich um Deinen heiligen Geist
für politische Entscheidungen, die uns alle betreffen.

Wir bitten um Schutz für diese Erde und effektive Maßnahmen zum Klimaschutz.

Wir bitten um ein Ende der Gewalt und der Kriege

Wir bitten um wirksame Impfstoffe für alle Menschen auf dieser Erde,
um ausreichend Nahrung, sauberes Wasser und medizinische Versorgung,
um Schulen für die Kinder und Hoffnung auf ein sicheres Leben.

Und wir bitten Dich, schick uns Dein Osterlicht ins Herz, damit
uns klar wird, was wir selbst tun können, um Deine Liebe auszubreiten.

Amen

Wir beten mit Jesu Worten

VATER UNSER

Segen

Gott segne Dich und behüte Dich.
Gott lasse leuchten sein Angesicht über Dir und sei Dir gnädig.
Gott erhebe sein Angesicht auf Dich und sei Dir gnädig.
Amen

Musik – z.B. das Halleluja von Händel

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Foto: Lotz